Unser Stones-Club-Mitglied Wolfgang W. Schüler hat zum 3. Todestag des Charlie Watts einen sehr passenden Beitrag verfasst!

Liebe Stones-Club-Mitglieder, liebe Stonerinnen und Stoner, liebe Freundinnen und Freunde unserer Homepage,

heute ist der dritte Todestag unseres geliebten Charlie Watts (https://www.stones-club-aachen.com/?s=charlie+watts).

 

Aus diesem Grunde hat unser Stones-Club-Mitglied Wolfgang W. Schüler (https://www.stones-club-aachen.com/?s=wolfgang+sch%C3%BCle)

einen subjektiv-persönlichen, aber aus unserer Sicht wunderschönen Nachruf zum dritten Todestag verfasst. Wir haben diesen in seiner Gänze nachstehend zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme auf unsere Homepage gepostet.

Ein liebes Dankeschön gebührt dem Wolfgang für seine Mühen!

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Zum dritten Todestag von Charlie Watts

von Wolfgang W. Schüler

Nachdem Charlie Watts am 24.08.2021 gestorben war, schrieb ich das Lied „Hey Klaus“, eine Hommage auf die Rolling Stones und auf eine Freundschaft zweier Rolling Stones-Fans seit Schultagen. In der dritten und letzten Strophe heißt es: „Als Charlie starb, wurd‘ uns das Herz ganz weit – auch an Steinen nagt der Zahn der Zeit.“ Und jetzt jährt sich der Todestag des Schlagzeugers „der allergrößten, allerbesten und dienstältesten Rockband aller Zeiten und des Universums“ (Manfred Engelhardt) bereits zum dritten Mal.

Was kommt einem Stones-Fan zu diesem Tag in den Sinn? Ich sage für mich: wie zu anderen Personen auch, zunächst Blitzlichter. Einhergehend mit bestimmten Gefühlen. Diese lassen die Frage zu: Was ist es, dass ich bei Charlie Watts immer auf eine spezielle Weise berührt bin?

An Worten festgemacht – da fallen mir zunächst nur solche mit „b“ ein. Worte wie bodenständig, besonnen, bescheiden – und natürlich beliebt. Woran macht sich das für mich fest? Ich will versuchen, darauf ein paar Antworten zu geben …

Der Kitt der Band

Während Mick Jagger und Keith Richards für ihren Rock’n’Roll-Style bekannt sind und diesen – als Gegenentwurf zu den braven Beatles – öffentlichkeits- und pressewirksam auslebten, wirkte Charlie Watts stets so, als habe er mit all dem nichts zu tun. Er hielt sich auf und neben der Bühne diskret zurück, bediente keine Stereotypen, wirkte eher still, schweigsam. Und wenn die anderen nach Konzerten ausschweifende Partys feierten, sich mit Groupies amüsierten oder auch mal die Hotelsuite zerlegten, hatte er sich bereits zurückgezogen und sein Türschild auf „Bitte nicht stören“ gewendet. Charlie Watts war und spielte nicht den Bürgerschreck; er führte ein durch und durch bürgerliches Leben. Schon 1964 hatte er seine Jugendliebe Sherley Ann Shepherd geheiratet; die Ehe hielt ein ganzes Leben.

Ehre, wem Ehre gebührt: Charlie Watts ziert als einziger Stone ein Plattencover

Watts gönnte den anderen das Rampenlicht, die Begeisterung der Fans. Und machte sich immer wieder über das Gegockel seiner Kollegen lustig: sie seien „aufgeblasene Fatzke“. Seine Sonderstellung in der Band wurde – und das mag überraschen – akzeptiert. Warum? Er gehörte zur Frühbesetzung der Rolling Stones, stand mit ihnen seit dem 12. Januar 1963 auf der Bühne. Und war der Kitt, der die Stones zusammenhielt. Mick Jagger und Keith Richards waren Hitzköpfe. Immer wieder vermochte Charlie Watts bei ihren Streitereien zu vermitteln, bei Exzessen zur Raison zu rufen. Dass es die Band heute noch gibt, ist weitgehend sein Verdienst. Für viele wurde er zum Herzen, zur Seele der Stones.

Sein Schlagzeugspiel

Wenn ich dem Spiel von Charlie Watts lausche, empfinde ich es ein fürs andere Mal so: kein Schlag zu viel und keiner zu wenig. Seine Spielweise ist reduziert, unspektakulär. Weswegen manche „Experten“ sie mit fehlender Virtuosität gleichsetzten. Doch wen oder was verglichen sie dabei?

Für sein schlichtes, ja bescheiden anmutendes Spiel benötigte Watts keine Trommelburg eines Terry Bozzio. „Ihm reichte in der Regel eine Basstrommel, eine Fußmaschine, Hänge-Tom, Stand-Tom, Snaredrum, Hi-Hat und noch 3 bis 4 Becken, das war’s. Mehr brauchte er nicht für seine schnörkellose, trockene und direkte Spielweise.“ (Volker Rebell). Und während sich Terry Bozzio bei Frank Zappa an die erwarteten, absoluten Grenzen des Kunstfertigen und Kraftvollen spielte, blieb Charlie Watts im Rahmen dessen, was den unverwechselbaren Sound der Rolling Stones ausmacht. Keith Richards sieht dies so: „Charlie war das musikalische Bett, in dem wir lagen.“ (BILD). Der präzise Taktgeber, das Getriebe, das verlässliche Metronom, das rhythmische Fundament – letztlich der Teppich, auf dem die anderen Bandmitglieder sich musikalisch bewegen, ja ausleben konnten.

Charlie Watts hat sich nie nach vorne gespielt, keine musikalischen Privilegien, keine Freiräume beansprucht, nach außen nicht viel Aufhebens um sein Spiel gemacht. Ob es ihn selbst überrascht hat, als er vom Musikmagazin Rolling Stone 2016 auf Rang 12 der 100 größten Schlagzeuger aller Zeiten gelistet wurde? Terry Bozzio kam auf den 17. Platz. Bereits zuvor, 1989, war Charlie Watts mit den Stones in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen worden.

Die von Charlie Watts autorisierte Biografie über seine Person

Die Fans

Ich denke an Stewart Lerman, erwähnt von Wolfgang Niedecken in seiner Autobiographie „70 Jahre“ (Hoffmann und Campe 2021, S. 867f). Stewart ist Besitzer eines im 1. Stock eines Betonhauses im Industriegebiet von New Jersey-Hoboken gelegenen Tonstudios, dem „Hobo Sound“. Ihm war vertraut, dass von unten schon mal Musik ambitionierter Cover-Bands hochdrang, die in den Räumen des Erdgeschosses probten. Doch an „einem Tag drangen unablässig Stones-Nummern hinauf […], und zwar in einer so immensen Lautstärke, dass Stewart kaum weiter aufnehmen konnte, wollte er die Songs seiner Künstler nicht mit Versatzstücken aus ,Jumpin‘ Jack Flash‘ oder ,Start me up‘ anreichern. Er beschwerte sich telefonisch, er brüllte durchs Treppenhaus, er fluchte, aber nichts half. […] Erst am späten Nachmittag kehrte Stille ein. Punkt siebzehn Uhr legten die lauten Herren aus dem Hochparterre die Instrumente weg und machten Feierabend. Fast wie Beamte. Als draußen Limousinen vorbeifuhren, ging Stewart zum Fenster, um sich seine neuen Nachbarn einmal näher anzuschauen.“

In diesem Augenblick verließ Charlie Watts das Haus und nahm auf der Rückbank seines Wagens Platz. „Die Limousine setzte sich in Bewegung und fuhr vom Hof. Am Gitter wartete ein einsamer Die-hard-Fan, der wohl Wind von den Proben bekommen hatte und dabei so diskret gewesen war, alles für sich zu behalten. Stewart beobachtete, wie der Wagen an dem Fan vorbeifuhr, aber dann doch noch einmal umdrehte und zurückkehrte. Die Tür öffnete sich, Charlie stieg aus und redete […] mit dem Mann. Stewart sah ihn vom Fenster aus nicken und lächeln. Er hatte Charlie Watts schon immer sehr geschätzt, aber von diesem Moment an liebte er ihn.“

Der Kreative, der Ästhet

Charlie Watts‘ dezentes, freundliches Auftreten korrespondierte mit seiner eleganten, stylischen Kleidung. Beides machte ihn zum Inbegriff des englischen Gentlemans. 2006 wurde er von Vanity Fair in die „International Hall of Fame“ der bestgekleideten Männer“ aufgenommen.

Anfangs der 1960 entwarf der gelernte Grafikdesigner ein Kinderbuch über eines seiner Jazz-Idole, Charlie Parker. Dieses erschien 1965 als „Ode to a High Flying Bird“. In den Folgejahren entwarf Watts Artwork für Alben der Stones und wirkte bei der Gestaltung ihrer gigantischen Konzertbühnen mit.

Musikalisch blieb er seinen frühen Vorlieben, dem Jazz, Swing, Boogie Woogie und Blues, treu. In den 1980er Jahren tourte er mit eigener Big Band, 2001 trat er mit einem Tentett in Japan auf, 2010 spielte er in der Band „The ABC&D of Boogie Woogie“, 2017 traf er auf die „Danish Radio Big Band“. Die Ergebnisse finden sich auf mehreren Tonträgern. Sie belegen die musikalische Offenheit und handwerkliche Breite des Charlie Watts, der all das als willkommenen Ausgleich zum Tagesgeschäft mit den Stones genoss.

„Anthology“ – ein Doppelalbum mit ausgewählten Jazz-Stücken, die Charlie Watts eingespielt hatte

Midlife Crisis gemeistert

Sehe und schreibe ich hier durch die rosarote Brille? War da nicht noch was?! Hatte Charlie Watts nicht auch mal ein heftiges Drogenproblem? – Ja, das hatte er, in seinem fünften Lebensjahrzehnt! Fast zwei Jahre lang nahm er Speed, Heroin und größere Mengen Alkohols zu sich. So viel, dass – wie er Jahre später schamhaft bekannte – seine Ehe fast in die Brüche gegangen wäre und Seraphina, seine Tochter (*1968), ihn nicht mehr erkannt habe. Als er schließlich während einer Stones-Session im Studio umkippte, konnte er sich das nicht verzeihen – und hörte auf, „einfach so“.

Insofern waren auch ihm Lebenskrisen nicht fremd und er nicht der stets Behütete. Aber er schaffte es aus eigener Kraft, sich zu befreien, diese Krisen zu meistern. Ein weiterer Beleg dafür, welch‘ außergewöhnliche Persönlichkeit Charlie Watts war – „unser Motor“ (Ron Wood), „mit großartigem Sinn für Humor“ (Mick Jagger), „ein liebenswerter Typ“ (Paul McCartney), „eine brillante Gesellschaft“ (Elton John) – eben „ein Mensch, der berührt“ (Autor).

Zwei Jahre nach seinem Tod äußerte Keith Richards: „Als ich eben an seinen Namen gedacht habe, fing ich zu weinen an.“

Song für den verstorbenen Charlie Watts: „You Belong To Our Hearts” im nachstehenden Video ab 09:30!

    Der Autor: Wolfgang W. Schüler (Wiesbaden) – für euch Wolfgang – ist seit dem 2. April 2024 – insofern kein Aprilscherz – Mitglied im Rolling Stones Club Aachen. Er ist Sozialpädagoge (Dipl.) und Pädagoge (M.A.), regelmäßiger Läufer seit 1967 (Marathon sub-3-h), ausgebildeter Lauftherapeut (DLZ) und Lauftherapeut (IART/USA). Er hat zahlreiche Bücher und Artikel zum gesundheitsorientierten Laufen und zur Lauftherapie verfasst bzw. herausgegeben. Seit Ende der 1970er Jahre schreibt er eigene Songs zur Gitarre, die er gelegentlich in Tonstudios (u.a. Pop Akademie Baden-Württemberg, Mannheim) aufnimmt und produziert. Er (Jg. 1958) ist Stones-Fan seit seinen Jugendtagen. Der vorliegende Beitrag ist sein fünfter in 2024 für den Stones Club.

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Unser 3. Jahrgedächtnis für Charlie Watts begehen wir als Stones-Club am Mittwoch, den 28. August 2024, 18.00 Uhr, im BRANDER BISTRO, TRIERER STR. 801,  52078 AACHEN-BRAND!

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Dazu seid Ihr alle herzlich eingeladen!

Manni Engelhardt -Stones-Club-Manager-

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4 Antworten zu Unser Stones-Club-Mitglied Wolfgang W. Schüler hat zum 3. Todestag des Charlie Watts einen sehr passenden Beitrag verfasst!

  1. George Evans sagt:

    Dear Stones club friends…
    Many say that Charlie Watts, the legendary drummer of the Rolling Stones, led a life as steady and rhythmic as the beats he provided for rock’s greatest band. Charlie was interested in music from a young age, initially inspired by jazz. He began playing drums as a teenager and was influenced by jazz drummers such as Max Roach and Elvin Jones. I was able to be there in London when the Stones concert took place at the Royal Albert Hall on September 23, 1966. It was their first appearance in England in over a year and I found the opportunity to have a lengthy conversation with Charlie there. That impressed me deeply and made me a fan of this gentleman drummer. I think it’s great how the Stones club in Germany is celebrating Charlie’s death anniversary. That is comforting and praiseworthy…
    I miss Charlie so much…
    George Evans

  2. Vera Tucher sagt:

    Lieber Charlie Watts,
    seid Du gegangen bist, ist die Welt so stille,
    wir vermissen Deine Stimme so traulich und so hold!
    Du warst der beste Drummer, für uns ist es ein Jammer,
    dass Du gegangen bist.
    Wir können Dich nicht vergessen und können doch ermessen, wie wichtig der Trommler ist.
    Du warst den Stones eine Insel im weiten blauen Meer.
    Ronnie Wood malte es mit Pinsel und Mick Jaggers Worte wurden schwer.
    Steve Jordan ist gekommen und gibt den Takt der Stones vor.
    Das ist für die Band sehr wichtig, sonst bleibt sie aussen vor.
    In Deinen Augen ist das richtig und eine tolle Idee, denn die nächsten Gigs werden folgen nach des Winters Schnee.
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    Wie sagt es Jean de La Fontaine:
    “Auf den Flügeln der Zeit fliegt die Traurigkeit davon.”
    Vera Tucher

  3. Olaf Voss sagt:

    Es sollte nach meiner Meinung noch erwähnt werden, dass er ausserdem ein Jazz-Lexikon, ein Experte für Kunst, Gemälde, Silber, Oldtimer, Tierzucht uvm. gewesen ist.
    Olaf Voss

  4. Christian Edelbauer sagt:

    Lieber Wolfgang W. Schüler,
    für deinen hervorragenden Beitrag zum 3. Jahrgedächtnis für Charlie Watts spreche ich dir Dank und Anerkennung aus. Mit großem Interesse habe ich diesen Beitrag zur Kenntnis genommen.
    Mit lieben Grüßen
    Christian Edelbauer

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